Giro Delle Dolomiti 2023 – 2 (Sellaronda)

Gleich am 2. Tag stand die landschaftlich herausragende und fahrerisch anstrengendste Etappe um das Sellamassiv auf dem Programm. Auf 160 Kilometern mussten fast 3400 Höhenmeter erklommen werden. War noch am Vortag schlechtes Wetter mit viel Regen angekündigt, so machte sich Moritz vorabendlicher Optimismus bezahlt („Das schlechte Wetter zieht bestimmt vorher an uns vorbei“). Denn erstaunlicherweise konnte sich das Fahrerfeld bei kalten, aber trockenen Temperaturen auf den Weg Richtung Wolkenstein machen.

Dort wartete nach einer längeren Verpflegungspause das gezeitete Segment des Tages auf die Fahrer des DGD Racing Teams. Dieses führte von Wolkenstein auf die Sellaronda hoch bis zum Sellapass. Dabei mussten 623 Höhenmeter mit im Schnitt 7,2 % Steigung überwunden werden (in etwa dieses Segment bei Strava).

Gerade im Vergleich zum Vortag also eher „flach“. Trotz der Vorbelastung vom Vortag konnten sich die Fahrer des DGD Racing Team in der Tages- sowie Gesamtwertung verbessern. Moritz wurde starker 11., Heiko 38., Sven 63. und Sebastian 80. Daniel war krankheitsbedingt leider nicht mehr an den Start gegangen. Gerade am Ende des Anstieges gab es starken Gegenwind, weshalb es von Vorteil war, in einer Gruppe zu sein. Zum Glück konnte Heiko einen niederländischen Mittelreiter finden, der bereit war, sich mit ihm im Wind abzuwechseln. Sebastian war mit seiner Leistung zufrieden und konnte sich gegenüber dem Vortag nochmal deutlich steigern. Auf den 40 Minuten fuhr er 308 Watt Durchschnittsleistung.

Danach hatten die Fahrer die Gelegenheit, die Anstiege der Sellaronda in gemütlicherem Tempo zu genießen. In der Reihenfolge: Pordoi Pass, Campolongo Pass und Gardena Pass. Noch hielt auch das Wetter. Allerdings bahnten sich beim Aufstieg zum Gardena Pass bereits dunkle Wolken an. Zum Glück ging es aber erstmal noch trocken zum vorabendlichen „Mittagessen“ nach Wolkenstein. Die Zeitplanung dieser Etappe sorgte aus mehrerlei Gründen für Verwunderung. Zum einen wurde die Etappe erst um 9 Uhr gestartet und zum anderen war das Tempo auf der Etappe ziemlich langsam. So war erst gegen 17 Uhr die Rückfahrt nach Bozen geplant.

Leider verließ die Fahrer nun doch das Wetterglück und kurz vor der Weiterfahrt begann es, stark zu hageln. Die lokalen Teilnehmer des Giro delle Dolomiti versicherten uns, dass dies im Sommer nicht normal sei und dem Klimawandel geschuldet. Die Organisation entschied sich richtigerweise, den Hagel auszusitzen und so ging es dann mit ca. 30 Minuten Verspätung auf den Rückweg. Dieser verlief weitestgehend unspektakulär (aber teilweise auch nass) und gegen halb 8 war man dann im Hotel angekommen. Dies war den Fahrern deutlich zu spät. Immerhin konnte die Sauna auf nach dem Essen verschoben werden.

Giro delle Dolomiti 2023 – 1 (Alpe di Pampeago)

Dieses Jahr ist vieles neu beim Giro: es wurde der Ruhetag gestrichen und das Teamzeitfahren, dieses Jahr hätte das DGD Racing Team sogar 5 Fahrer am Start um geschlossen zu starten (Heiko, Daniel, Sven, Moritz, Sebastian). Was nicht neu war, die separate Transponderausgabe neben den Starterbeuteln, dazu musste jedoch eine 2. Autofahrt unternommen werden – die unprofessionelle Beschilderung vor Ort half aber auch nach. Die Pre-Race Massage wurde von 4/5 des Teams genossen, Heiko kam erst am Sonntag Abend per Zug aus Athen via München an (fast pünktlich). Die erste Etappe war schon auf dem Papier brutal hart. Der gezeitete Süd-Anstieg zur Alpe die Pamgeago (bekannt aus dem Giro d’Italia) war ein knapp 7km langes Segment mit fast 11% Durchschnittssteigung.

Wie gewohnt ging es in Bozen aus dem Messegelände im Pulk los, es waren 260 Rennradler aus der ganzen Welt am Start. Begrüßt wurde das Fahrerfeld mit einem leichten morgendlichen Nieselregel. Der Vorberg zur Verpflegung wurde in einem sehr lang gezogenen Feld gefahren, was zu einigem Autoverkehr sorgte. Pünktlich nach der Pause fing es dann erneut an zu regnen, dieses Mal wurde die Straße und damit auch die Fahrer nass. Selbst die lokalen Wetterexperten hatten keinen Regen auf dem sprichwörtlichen Schirm, das DGD Quintett hatte bis auf eine Windjacke auch keine passende Kleidung dabei. Wie üblich wurde am Anfang des Segmentes von vielen überzogen. Moritz musste einige Leute mehr wegziehen lassen, als erhofft – viele davon wurden aber wieder aufgefahren. Die mit dem Regen einkehrende Kälte sorgte aber für einen Einbruch ca. 1km vor dem Ziel. Die Sufferfest-like alles-oder-nichts Attacke vor dem Torbogen sorgte für eine gute Platzierung (14), aber auch für den kostenlosen Erwerb einer Rettungsdecke von den Sanitätern. Daniel nahm sich vor hinter Heiko gemäßigt zu starten, konnte nach ca. 1km sich Stück für Stück absetzen und dank 34/32 Übersetzung auch die Steilstücke „flüssig“ mit 70-75rpm fahren und erreichte Platz 26, Heiko nur knapp dahinter mit guter Renneinteilung Platz 41. Wie prognostiziert war Sven (81) zwischen Sebastian (104) und Heiko platziert, für ihn war das gezeitete Segment eher zu kurz.

Die größte Überraschung war Sebastians Reaktion, denn er war dieses Jahr nicht der größte Fan von zweistelligen Steigungsprozenten, er kam zufrieden und gut gelaunt oben an. Dort ging dann der Regen richtig los, sodass man sich im Hotel ein paar Heißgetränke gönnte bevor es dann nach dem Regen die super-steile Variante über Obereggen zurück nach Bozen ging. 82km / 2000Hm

Ötzi 2023 – Pacing nach Bauchgefühl

Von den ursprünglich vier gemeldeten Fahrern sollten nach Krankheits- und Trainingsausfällen nur Heiko und Moritz an den Start gehen. Diese beiden dafür aber mit Rekordkilometern (knapp 6000 bzw. 7000) zur Jahreshalbzeit in den Beinen. Der Startplatz wurde nach abgeschlossener Familienurlaubsplanung im Hause Egert in der Nachverlosung ergattert, was zu diversen Zusatzschwierigkeiten sorgte: Moritz kam aus dem Raum München nach (geplantem) Fahrzeugwechsel im Auto seiner Mutter angereist, Heiko kam direkt aus Darmstadt und mit dem Starterbeutel und einer vorbildlichen Tapering Einheit im Gepäck mussten noch 600 Höhenmeter mit den Autos auf einer unbefestigten Straße ins Hotel gefahren werden, was anderes war eben nicht mehr frei, und just am Vorabend des Ötzis beschloss der hiesige Koch dem traditionellen französischen Saucenrezept « man nehme eine Flasche Rotwein und fülle sie in den Koch… » zu folgen, was das Carboloading zu einer dreistündigen, unorganisierten Ausdauerpartie machte. On the good side: keine Zeit, sich Stress vor dem Rennen verrückt zu machen.

Auf gehts!

Der Wecker wurde auf 4:45 gestellt, eine Stunde später drängelten sich die beiden Racing Team Fahrer noch professionell nach vorne, was hier relativ zu sehen ist und nach Heikos Analyse des Veranstaltervideos ungefähr Platz 1200 entsprach, und schneller als gedacht war man mitten drin im Rennen, das beide Fahrer wie geplant getrennt bestreiten sollten.
Das ambitionierte Ziel war, bei der ersten Teilnahme und fast komplett ohne Streckenkenntnis, direkt unter der magischen Grenze von 8h zu bleiben. In der Abfahrt nach Ötz konnte ich gefahrlos mehrere hundert Plätze gut machen und nach kurzem Stau auf den ersten 3km konnte ich die anvisierten 300W am Kühtai entspannt abspulen. Sogar der Auftrag, Flo Neuschwander von meinem Nachbarn zu grüßen, konnte mit einem lockeren Plausch abgeschlossen werden. Mit bis zu 104,6kmh rauschte es nach Innsbruck in einer größer werdenden Gruppe runter und am Brenner konnte ich im Windschatten wie geplant Kraft sparen und Energie nachtanken. Die Trinkstrategie sah bis dahin 2l Iso vor und mit einer kleinen Attacke vor der Verpflegung am Brennerpass konnte ich das Nachtanken in unter 2 Minuten erledigen, Pappbecher Red Bull inklusive.

Was nicht passieren darf…

Das sollte trotzdem zu wenig sein, denn wie so oft merkte ich von den hohen Temperaturen gar nichts (sehr gut) und schwitzte viel mehr als ich dachte (nicht sehr gut, wenn man nicht genug trinkt). Der durchgängig hohe Puls um 165 trotz vorbildlich gedämpfter Fahrweise (240-250W) hätte mich misstrauisch und auf den Pfad „einsetzende Dehydrierung“ bringen müssen, aber im Rennen ist man nie so schlau wie nachher beim Bier. Wasser hätte es am Jaufenpass oben zuhauf gegeben, als ich mich a Position 170 liegend in die schöne, technische Abfahrt stürzte. Ich wartete aber bis zum Fuß des Timmelsjochs um mir von Katie die bestellten, hochkonzentrierten Iso-Pullen reichen zu lassen. Letztere trank ich dann viel zu schnell um den Durst zu stillen und es war um den Magen geschehen — über 20 Minuten Zwangspause am Streckenrand. Bis dahin lag ich auf Kurs 7h50. Mega, und ebenso mega die Enttäuschung, einfach nicht mehr fahren zu können.

Doch noch ordentlich im Ziel

Ich verlor fast 150 Positionen, berappelte mich aber zu meiner größten Überraschung nochmal und konnte, auch dank des Weltklasse Domestique Alex, ordentlich zu Ende fahren und Positionen gut machen. Am Gegenhang zur Mautstelle waren die Beine sogar wieder zu 280W bereit und mit einer sauberen Abfahrt brachte ich meinen ersten Ötzi auf Platz 277 zu Ende. In der Nettofahrzeit erreichte ich mein Ziel sogar: 7:59:15. Mit Pause natürlich nicht. Hoffentlich gibt es dazu nächstes Jahr die Chance. Bis dahin wartet erstmal in zwei Wochen mein eigentlicher Saisonhöhepunkt Giro Delle Dolomiti.

Ötzi – knapp das Ziel übertroffen

Aus einer winterlichen Bierlaune in Lanzarote heraus geboren, meldeten sich ursprünglich 4 Fahrer des DGD Racing Team beim Ötztaler Radmarathon an (Teamanmeldung). Die statistisch erwartbare Absage (ca. 75 %) durch den Veranstalter verwunderte daher erstmal niemanden. Umso überraschender kam es dann, als man über die Nachrückerregelung einen der begehrten Startplätze ergattern konnte.

Also packte man die Gelegenheit beim Schopfe und inkludierte den Ötztaler Radmarathon kurzerhand ins Rennprogramm für 2023. Als Vorbereitungsveranstaltungen wurden der Radmarathon Rhön sowie L’Alsacienne auserkoren.

Bedingt durch Trainingsrückstand nahmen leider nur Moritz und Heiko die Reise nach Sölden auf sich. Dort bezog man mangels Alternativen eine Unterkunft auf über 2000 Metern (frei nach dem Motto: „sleep high, train high“), die nur über eine waghalsige Schotterpiste zu erreichen war. Walter Röhrl hätte die Anfahrt zum Hotel vermutlich große Freude bereitet.

Am Renntag hatten Moritz und Heiko den Plan, gegen 6 Uhr am Start einzutreffen. Dies klappte auch gut, war bedauerlicherweise trotzdem im Vergleich zu den anderen Teilnehmern ziemlich spät. Unter der Führung von Moritz begann nun eine Durchschlagübung, die jeden Bundeswehrgeneral stolz gemacht hätte. Durch Büsche und Menschenmengen hindurch, schaffte man es, sich seitlich von den Radfahrern bis ca. auf Position 1200 vorzuarbeiten (konnte anhand der Videoaufnahmen grob geschätzt werden). Das Rennen vor den Rennen lief also schonmal gut. Das Wetter war ausgezeichnet und außer Armlingen für den Start konnte in Sommerbekleidung an den Start gegangen werden.

Ungefähr 3 Minuten nachdem die ersten Fahrer losfahren durften, ging das Rennen schließlich auch für Moritz und Heiko los. Da sich die Fahrer erst wieder im Ziel wiedersehen sollten, gibt es diesmal einen geteilten Rennbericht :-).

Heikos Rennbericht (Strava):

Kapitel 1: Sölden bis Ötz (KM 0 – 31.4), 123Watt, 51,4 km/h

Die ersten 30 Kilometer bergab bis Ötz ging es im „Superpeleton“ flott voran und durch geschicktes Durchmogeln konnten bis zum Kühtai einige Hundert Plätze gutgemacht werden. Laut offizieller Zeitmessung war auf dem Abschnitt nur unwesentlich langsamer als die Spitzengruppe.

Kapitel 2: Ötz bis Kühtai (KM 31.4 – 49), 258Watt, 14,1 km/h

Der erste Anstieg wurde streng nach den im Vorfeld berechneten 260 Watt gefahren. Dies erwies sich als genau richtig. Ein flottes Tempo, ohne dass man sich zu sehr verausgaben musste. Dabei wurde ebenfalls bereits an die Verpflegung gedacht und die ersten Riegel gegessen. Schließlich sollte verhindert werden, später im Rennen ins Energiedefizit zu laufen. Bei der ersten Verpflegungsstation auf der Passhöhe war erstaunlich wenig los und sowohl Iso, als auch Gels konnten ohne Anstehen bezogen werden.

Kapitel 3: Kühtai bis Innsbruck (KM 49 – 84), 119 Watt, 54,5 km/h

Dank kurvenarmer Straße und Rückenwind konnte man es auf der Abfahrt vom Kühtai gut laufen lassen. Es wurden Geschwindigkeiten jenseits von 100 km/h erreicht. Dementsprechend schnell erreicht man das Ende der Abfahrt. Von da sind es ca. 10 Kilometer bis Innsbruck. Hier erinnerte sich Heiko an die Ratschläge aus diversen Podcasts, die mit Nachdruck nahelegten, sich nach dem Kühtai einer großen Gruppe Anzuschließen, um danach im Energiesparmodus den Brenner hochfahren zu können. Leider formte sich nur eine Gruppe von ca. 10 Leuten. In der Ferne sah man einer eine deutlich größeres Feld. Also organisierte sich Heiko mit der Gruppe und dank einer gemeinsamen Anstrengung schaffte man es gerade noch rechtzeitig vor Innsbruck auf eine ca. 100 Fahrer große Gruppe aufzufahren.

Kapitel 4: Innsbruck bis Brenner (KM 84 – 120), 209 Watt, 29,1 km/h

In der riesigen Gruppe ging es anschließend, gut im Windschatten versteckt, in einem Affenzahn hoch zum Brennerpass. Die Fahrt im Feld wurde genutzt, um sich zu verpflegen.

Kapitel 5: Brenner bis Sterzing (KM 120 – 137.9), 147 Watt, 41,2 km/h

Die Pause am Brennerpass war leider etwas chaotisch, da neben des Auffüllens der Flaschen auch der Lokus aufgesucht werden musste (eventuell war etwas zu viel Koffein im Getränk). An der Toilette konnte man sich glücklicherweise „dynamisch anstellen“ und schlussendlich nur mit leichter Verzögerung wieder aufs Rad steigen. Im Wissen, dass mit dem Jaufenpass das eigentliche Rennen erst richtig losgeht, fuhr man entspannt den Brenner hinunter bis nach Sterzing, wo man nach einer unnötigen Dorframpe an den Fuß des Jaufenpass gelangte.

Kapitel 6: Sterzing bis Jaufenpass (137.9 – 153.8), 235 Watt, 13 km/h

Ab hier hat man es moralisch schon fast geschafft. Schließlich sind es ab hier ja nur noch 80 Kilometer … und 2 Pässe … und 3000 Höhenmeter 🙂 . Ab hier kann man das Rennen komplett in einem eigenen Tempo fahren, denn Gruppen spielen ab hier keine Rolle mehr. Also wurde auch der Jaufenpass strikt nach Vorgabe gefahren (235 Watt). Dies ging auch erstaunlich gut. Um die Muskeln am sehr gleichmäßigen Anstieg frisch zu halten, wurde ca. alle 2 Minuten kurz im Wiegetritt gefahren.

Kapitel 7: Jaufenpass bis St. Leonhard (153.8 bis 173.5), 23 Watt, 51,3 km/h

Die steile und technische Abfahrt bis St. Leonhard wurde vorsichtiger gefahren als zuvor noch am Kühtai. Während das Kühtai immerhin schonmal mit dem Auto befahren wurde, war der Jaufenpass gänzlich unbekannt war. Außerdem ist der Asphalt nicht immer ideal. Viel Zeit lässt sich in dieser Abfahrt aber ohnehin nicht herausholen. Während der Abfahrt zeichnete sich bereits ab, dass es auf der Alpensüdseite deutlich wärmer sein sollte als noch in Österreich – Ein heißer Föhn blies den Fahrern ins Gesicht.

Kapitel 8: St. Leonhard bis Timmelsjoch (173.5 bis 201.7), 219 Watt, 13,5 km/h

Umso freudiger wurde der einzige selbst organisierte Zwischenstopp erwartet. Denn dankenswerterweise hatte sich Katie mit Erfrischungen in St. Leonhard platziert. Zum Glück hatte Heiko am Vorabend nochmal extra Wasser und Cola geordert. Diese waren bei den Temperaturen auch bitter nötig. Nach einem etwas längeren Plausch (10 Minuten Pause) mache sich Heiko dann auf den Weg zum entscheidenden Abschnitt des Radmarathons hoch zum Timmelsjoch. Die 1600 Höhenmeter am Stück können schon beängstigend sein. Allerdings waren die Beine noch gut und die Vorgabe von 220 Watt konnte erneut genaustens eingehalten werden. Angetrieben durch sich anbahnende Langeweile machte sich Heiko am Timmelsjoch auf die Suche nach einem Gesprächspartner, um den über 2h langen Anstieg moralisch etwas zu verkürzen. Leider war den meisten Fahrern nicht zu reden zumute. Ca. nach der Hälfte des Anstieges traf Heiko aber glücklicherweise auf Extremläufer Florian Neuschwander, der das Rennen nur aus Spaß an der Freude bestritt und daher zu Scherzen aufgelegt war. Dank der netten Unterhaltung erreichte man das Timmelsjoch (gefühlt) deutlich schneller.

Kapitel 9: Timmelsjoch bis Sölden (201.7 bis 225.5), 43,6 km/h, 151 Watt

Eigentlich wollte Heiko während des Rennens nicht auf seine Fahrtzeit schauen. Nachdem er aber von einem anderen Mitfahrer gefragt wurde, ob die 8h10 Minuten am Timmelsjoch reichen würden, um innerhalb von 9h ins Ziel zu kommen, wurde nun doch der Ehrgeiz ein wenig geweckt. Zum einen waren die 9h genau das selbst gesteckte Ziel und zum anderen erschien es im Rahmen des Möglichen, innerhalb von 50 Minuten nach Sölden zu kommen. Also entschied man sich, die letzten Kilometer gemeinsam aufs Gas zu drücken (da wo möglich). Da sich beide Fahrer die Kräfte gut eingeteilt hatten, ging es dementsprechend flott Richtung Ziel. Umso erstaunter war Heiko, als er bereits nach 8h40Minuten und 35 Sekunden vor einer überwältigenden Menschenmenge durchs Ziel fuhr. Damit wurde das eigene Ziel von 9 Stunden deutlich übertroffen, jedoch die Qualifikation für den ersten Startblock, denkbar knapp, um nur 35 Sekunden verpasst. Der Ärger darüber war aber nach 10 Sekunden verflogen.

Fazit

Für fast alle Fahrer, insbesondere die jenseits von 75 Kilo, ist der Ötztaler Radmarathon genauso Radrennen, wie Fresswettkampf. Auch wenn die Nahrungsaufnahme unter Last im Vorfeld geübt wurde, war jeder Riegel und jedes Gel eine Überwindung und der Magen fühlte sich immer latent schlecht an. Nichtsdestotrotz konnte Heiko im Rennen ca. 3700 Kcal essen (7 Liter Iso, 6 Riegel, 13 Gels, 1 Banane und 1 Apfel). Stellt man dies einem geschätzten Kalorienverbrauch von 5800 kcal gegenüber, so war dies zusammen mit den körpereigenen Energiespeichern gerade ausreichend, um nicht leerzulaufen.

Die erste Teilnahme war alles in allem ein großer Spaß und deutlich erfolgreicher als gedacht. Bei sinnvoller Fahrweise kann man das Rennen in Zukunft, sofern man die Lotterie gewinnt, auch mal mit weniger guter Form in Angriff nehmen. Gerne natürlich auch mit noch besserer Form ;-).

Alto Adige 2023 – Étape 4 & 5

Am 4. Trainingstag am Mittwoch wurde die Gruppenkonfiguration des Vortags bis auf geringfügige Variation weitestgehend beibehalten. Nachdem Moritz‘ Ärger schon über das nicht funktionsfähige Streckenladen auf seinem Wahoo früh morgens einen neuen Höhepunkt erreicht hatte und er sich allen Ernstes ein Garmin herbeiwünschte, konnte dank Hotspot doch noch der Track für die Königsetappe geladen werden und um 7h58 ging es los.
Katie, Daniel und Moritz rollten gemeinsam auf dem Radweg nach Grigno, von wo mit dem Passo Brocon (23km/1363Hm) einer der schönsten Pässe überhaupt unter die Pneus genommen wurde. Daniel und Moritz fuhren gemeinsam, bis auf geringfügige Unstimmigkeiten ob man im Ort nach der Hälfte des Anstiegs dem Schild nach links Richtung Passo Brocon oder doch dem Schild nach rechts zu ebendiesem folgen sollte. Die Pace war gut und die Passhöhe inmitten einer Wolke wurde in 1h26 und damit 6min schneller als im Vorjahr erreicht. Katie fand ebenfalls einen sehr starken Rhythmus und kam in 2h01 oben an.

Erste Regenwolken zogen auf und um nicht nass zu werden stürzte sich Moritz schon vor Katies Ankunft in die Abfahrt nach Canal San Bovo, während Daniel wie geplant auf Katie und den Sonnenschein wartete, um die Alternativabfahrt zurück ins Brentatal und nach Calceranica zu nehmen. Damit kam für die beiden eine trockene Tour von 120km/1800Hm zusammen.
Dass Moritz nicht trocken bleiben würde, war spätestens klar, als ihm bei nahezu schwarzem Himmel Autos mit aktiviertem Scheinwerfer und Scheibenwischer im Zwischenanstieg zum Passo Gobbera entgegenkamen. Dass es allerdings so nass (Level: Dusche mit Massagestrahl) werden würde, kam doch überraschend. Zum Glück mussten nur 3km bergab geschwommen werden und neben Handtuch, Cappuccino und Croissant, äh Brioche, bot eine Dame im Hotel Al Bivio in Imer auch gleich noch an, Moritz‘ Kleidung in den Trockner zu stecken. Bemerkenswerterweise verzichtet dieser darauf, die Hose auszuziehen. Es dauerte nicht lange bis die Sonne hervorkam und bei bestem Wetter und mit sehr guten machte sich Moritz auf den Weg über den Passo Rolle (null Verkehr diesmal) und durchs Flamstal zurück nach Calceranica.

Einzig eine sinnlose 17% Rampe, die der Fahrer eigenhändig nach 171km eingeplant hatte, trübte die Stimmung leicht, vor allem weil laut Straßenbeschilderung auch ohne direkt nach Pergine kommt. Sei’s drum: unfassbar schöne Königsetappe mit 206km/3600Hm.
Sebastian fuhr eine selbst kreierte Strecke um ganz gezielt an seiner Form arbeiten zu können. Es lässt sich über die Ästhetik des Strecken-Layouts streiten, nicht jedoch darüber, dass das Ganze seinen Zweck erfüllte.

Um dem angekündigten schlechten Wetter für Freitag einen dicken Strich durch die Rechnung zu machen wurde der Ruhetag gestrichen und die letzte Etappe auf Donnerstag vorverlegt. Diesmal startete das ganze 4er-Peloton gemeinsam auf einer Runde über den Hausberg, die Mauer runter und als Hauptgang der Anstieg zum Passo Sommo, immerhin 1163Hm auf 15,5km.

3/4 Fahrern hatten Streckenkenntnis und waren allesamt von der Steilheit des Anstiegs überrascht. Die Trainingsplanung hatte verschiedene Herangehensweisen an den Anstieg vorgesehen — zu zuordnen sind:

a) Einfach mit 270W hochfahren
b) von Ruhetagstempo faseln, das nach 10 Sekunden verwerfen und dann in genau 1:00:05 ankommen
c) Gemütlich fahren und auf den letzten 3km Gas geben
d) sich über zu niedrigen Puls beschweren und dann problemlos die gleiche Pace wie am Stelvio fahren.

Die abwechslungsreiche Abfahrt zurück an den See war von netten und weniger netten Autofahrern geprägt; Punkt 13h waren alle von der Tour zurück und der gemütlichste Teil der Woche in Calceranica kann beginnen. 😉