Nachdem im Mai mit dem „3Rides Gravel“ in Aachen das erste Gravelrennen für das DGD Racing Team auf dem Programm gestanden hatte, wurde spontan entschieden, sich für die Gravel-Europameisterschaften im belgischen Brabant (bei Leuven) anzumelden. Die EM ist Teil der UCI Gravel World Series 2024 und es werden sowohl die Europameister als auch die belgischen Meister gekürt. Weiterhin kann sich über das Rennen auch für die WM 2024 qualifiziert werden, die ganz in der Nähe im schönen Leuven stattfinden wird.
Die frühe Anreise am Samstag wurde von Daniel und Heiko genutzt, um alle Streckenkilometer probe Fahren zu können. Das Rennen besteht (abhängig von der Altersklasse) aus drei kurzen Runden durch die dichten Wälder südlich von Leuven und einer langen Runde Richtung Brüssel und zurück. Bei gemütlichem Tempo und bestem Wetter wurde die Strecke erkundet und folgende Erkenntnisse gemacht: keine langen Anstiege, mehrere technische Abfahrten, viel Kopfsteinpflaster, viele schöne Feldwege, viel feiner Schotter und im Wesentlichen kein Matsch oder Gras. Insgesamt eine sehr schöne Strecke, die zwar schnell, aber im Renntempo sicherlich nicht leicht sein würde.
Die Startunterlagen bei der Europameisterschaft wurden von Funktionären der UCI höchstpersönlich ausgegeben. Hierbei traf man auf den klassischen Sportfunktionär, wie er im Buche steht: männlich, mit Wohlstandbauch, etwas in die Jahre gekommen und aalglatt (Jede Assoziation zu Willi Konrad wäre natürlich völlig aus der Luft gegriffen). Auf seinen Kommentar „We do it for the money“, wusste Heiko auch nicht mehr zu sagen, als dass Sie sich ja mal bei den Ironman-Veranstaltern Tipps holen können, wie man den Teilnehmern noch mehr Geld aus der Tasche ziehen kann. Immerhin war man sich sicher, dass die Startgebühr der fast 2000 Teilnehmer im nahegelegenen Sternerestaurant Arenberg sinnvoll investiert wurde. Das Starterfeld war sehr prominent besetzt. Neben der gesamte europäische Gravelelite nahmen auch viele aktuelle und ehemalige Straßenprofis am Rennen teil. Teilzeit-Radrennfahrer Valtteri Bottas war ebenfalls am Start.
Aufgrund des sommerlichen Wetters Anfang Oktober, der späten Startzeit von 12 Uhr und der geschätzten Fahrzeit von 4h15min musste sich im Rennen auf eine „Hitzeschlacht“ eingestellt werden. Demzufolge wurde wieder die bewährte Strategie mit einer dritten Trinkflasche in der Trikottasche angewendet. Dies sollte sich als gute Wahl erweisen. Ca. 45 Minuten vor Rennstart fanden sich Daniel und Heiko im Startblock ein. Dies erlaubte zwar eine ordentliche Position in der Mitte des Blocks, bedeutete aber auch, dass man noch ein wenig in der Sonne gegrillt wurde. Die Renntaktik war klar: keine unnötigen Risiken eingehen und versuchen zusammenzubleiben. Ersteres konnte erreicht werden, letzteres leider nicht.
Direkt nach dem Start ging es nach einer scharfen Linkskurve von der Zielgeraden auf einen schmalen und steilen Waldweg. Dort kam es, wie zu erwarten war, zum ersten Stau. Hier wurden Daniel und Heiko trotz flotter Fahrt von vielen übermotivierten Fahrern überholt. Nach dem ersten Anstieg war das Feld aber glücklicherweise etwas ausgedünnt und man konnte relativ schnell seinen Rhythmus finden. Ungünstigerweise verloren sich Daniel und Heiko bereits in den ersten 5 Rennminuten und fuhren ab dann ihr Rennen getrennt.
Ein wiederkehrendes Thema des Rennens waren bedauerlicherweise die vielen Kettenabwürfe, die sowohl am Ridley als auch am Stevens vorkamen. Nachdem man am Vortag schon festgestellt hatte, dass dies in den technischen und holprigen Abfahrten auch ohne Schalten passieren kann, wurde im Rennen mehr nach dem Prinzip Hoffnung gefahren. Ohne Erfolg. Insgesamt hatte Daniel 3 Abwürfe und Heiko ganze 6! . Hier muss auf jeden Fall nochmal technisch nachgerüstet werden.
Ansonsten lief das Rennen für Heiko insgesamt gut. Die Verpflegung mit Essen im Rennen klappte gut und es konnte bis zum Schluss des Rennens Druck auf das Pedal gebracht werden. In der letzten Runde dienten die Geräusche des sich nähernden TV-Helikopters nochmal als Motivation, sich nicht von der Spitze des Eliterennens überrunden zu lassen. Mit Erfolg. So kam Heiko nach 4h9min in Ziel, knapp 1 Minute vor Jasper Stuyven. Leider wurde damit die WM-Qualifikation denkbar knapp um eine Minute verpasst. Daniel war nach dem frühen ersten Kettenabwurf weiter hinten im Feld einsortiert und war dauerhaft mit deutlich schwächeren Fahrern in Gruppen. Dadurch vergrößerte sich sein Rückstand kontinuierlich und er kam mit einer Zeit von 4h21min ins Ziel. Dort wurde sich dann erstmal ein eiskaltes Jupiler gegönnt.
Insgesamt war das Event, vor allem im Vergleich zu Aachen, einem Gravelrennen würdig. Positiv zu erwähnen waren auch die Tausenden Zuschauer am Streckenrand, die von der Elite bis zum Hobbyfahrer alle Athleten frenetisch anfeuerten. Hier macht sich klar bemerkbar, dass Fahrradfahren in Belgien Nationalsport ist.
Epilog: Daniel und Heiko entschieden sich dazu, das Rennen in einem leckeren griechischen Restaurant in Leuven ausklingen zu lassen. Die Anreise zu Fuß klappte auf dem Hinweg auch gut. Auf dem Rückweg im Dunkeln wurden die beiden aber von der Apple-Maps-Navigation „komooted“ und der eingezeichnete Fußweg endete nach einer längeren Durchschlagübung durch hohes Gestrüpp in einem Schilfhain. Ein Umdrehen war unausweichlich. Schlussendlich konnte das Hotel trotz des ungewollten Umwegs, wenn auch mit nassen Füßen, erreicht werden.