Vorwort:
Eigentlich war geplant, ein kostengünstiges Alu-Rad mit einer Shimano 105 Gruppe und Felgenbremse zu finden, um den liebgewonnenen ELITE Turno Smart Rollentrainer ganzjährig betreiben zu können, ohne jedes Mal das Hinterrad aus dem Rose Pro RS herausnehmen zu müssen (Iteration 1: Preisvorstellung 500 Euro). Leider stellte sich dies als schwieriges Unterfangen heraus, da die Preise für Rennräder auf dem Gebrauchtmarkt aktuell utopisch sind (Stand Winter 2020/2021). So verlangen Inserenten in der Bucht z.B. für 10 Jahre alte Fahrräder mit oben genannten Spezifikationen Preise von 800 Euro. Nur zum Vergleich: Ein vergleichbar ausgestattetes Neurad ist schon ab ca. 1300 Euro zu bekommen (Rose Pro SL 105 ).
Daher wurde die Strategie kurzerhand geändert und ein Rahmenset gesucht, welches dann zusammen mit einer günstigen Einfach-Gruppe ohne Bremse (z.B. SRAM Apex 1 11-fach) zum Rollenrad aufgebaut werden kann (Iteration 2: Preisvorstellung 800 Euro). Auch hier stellte sich schnell heraus, dass der Gebrauchtmarkt zu teuer ist. Auf der Suche nach einem bezahlbaren Rahmenset bin ich dann durch Zufall auf Schliersee Bikeparts gestoßen, welche sich augenscheinlich auf den Abverkauf von übrig gebliebenen CUBE-Rahmen spezialisiert haben. Auch wenn durch die schiere Menge an verfügbaren Rahmen selbst die netten Mitarbeiter und die Webpräsenz manchmal durcheinandergekommen sind, konnte schnell ein passendes Rahmenset gefunden werden. Abwicklung und Lieferung waren erstklassig. Bei dem Objekt der Begierde handelt es sich um ein CUBE Attain GTC Pro Carbon-Rahmen (Felgenbremsen-Version) von 2019 in der Größe 56. Der Preis von 550€ für Rahmen, Gabel und Vorbau geht hierbei mehr als in Ordnung.
Da es „leider“ nur einen passenden Carbon-Rahmen zu erwerben gab, manifestierte sich nun ein weiteres Problem. Der neue Rahmen wäre etwas zu Schade, um ihn nur auf die Rolle zu stellen. Daher fiel dann der Entschluss, den Carbon-Rahmen für eine Straßenmaschine zu verwenden und den etwas in die Jahre gekommene Alurahmen des Rose Pro RS auf die Rolle zu stellen.
Leider erschien es dann auch unpassend, die alte Ultegra 10-fach Gruppe vom Rose Pro RS am neuen Rahmen zu verbauen. Daher wurde schlussendlich, unter konstantem Zureden von Daniel, der Entschluss gefasst, das Projekt ein weiteres Mal aufzuwerten und ein komplett neues Rennrad selbst aufzubauen. (Iteration 3: Preisvorstellung; so günstig wie möglich unter Berücksichtigung diverser Mindestansprüche).
Cube Attain GTC Pro:
Nachdem der Rahmen schon erworben war und feststand, musste als Nächstes die richtige Gruppe gefunden werden. Für mich stand fest: 12-fach, Felgenbremse, mechanische Schaltung. Hierdurch ergeben sich dann folgende Rennrad-Gruppen zur Auswahl:
-
- Shimano: nüscht
- SRAM: nüscht
- Campagnolo:
- Chorus 12: 1000 Euro*
- Record 12: 1550 Euro*
- Super Record 12 2300 Euro*
*Preise von Bike24
Um dem Budget-Anspruch weiterhin halbwegs gerecht zu werden, fiel die Wahl daher ohne Zögern auf die Campagnolo Chorus 12-fach Gruppe, welche Mitte 2019 vorgestellt wurde. Über den Sinn oder Unsinn von 12 Gängen kann man sicherlich streiten aber spätestens nach meinem Meniskus-Knorpelschaden habe ich kleine Übersetzungen sehr zu schätzen gelernt. Mit einer Kompaktkurbel sowie dem 11-32 Ritzel ergibt sich jedenfalls ein absolut hervorragendes Schaltbild mit feinen Abstufungen über 32 km/h fürs Flache sowie kleinen Gängen für die Berge. Die Entfaltung beträgt ebenfalls für ein Rennrad hervorragende 427% .
Da die Gruppe in Deutschland nirgendwo vor Sommer lieferbar war, wurde die selbige kurzerhand direkt in Italien bei Gambacicli bestellt. Dies war zwar etwas teurer als in Deutschland, funktionierte aber ansonsten, inklusive Versand, tadellos.
Laufräder waren bereits vorhanden. Hier wurde auf die Leeze AC 35 Road zurückgegriffen. Dazu musste lediglich ein neuer Freilaufkörper bei Leeze bestellt werden. Der Wechsel war problemlos möglich.
Die weiteren Anbauteile wurden mehr oder weniger streng nach möglichst gutem Preis/Gewichts-Verhältnis ausgewählt. In den meisten Fällen fiel die Wahl daher auf Produkte der Marke Procraft.
Vollständige Teileliste mit selbst gewogenen Gewichten:
Komponente |
Name |
Details |
Gewicht (g) |
Rahmen |
Cube Attain GTC Pro |
56cm, 2019 Modell |
1114 |
Gabel |
Cube Attain GTC Pro |
gekürzt ( -29g) |
367 |
Vorbau |
Cube Newmen |
90mm 6deg |
147 |
Sattelklemme |
Cube Attain GTC Pro |
14 |
|
Schnellspanner vorne + hinten |
Tune Skyline |
Altbestand |
34 |
Vorderrad + Reifen |
Leeze AC35 (inklusive Dichtmilch) |
1041 |
|
Hinterrad + Reifen (ohne Ritzel) |
Leeze AC35 (inklusive Dichtmilch) |
1226 |
|
Reifen vorne |
Conti GP 5000 TL |
300g |
|
Reifen hinten |
Conti GP 5000 TL |
300g |
|
Ahead-Schraube + Expander |
Procraft Expander |
41 |
|
Steuersatz |
FSA Orbit I-t 1 1/8″-1 1/4″ |
Cube |
73 |
Umwerferschelle |
Campagnolo Original mit Schraube |
31 |
|
Lenker |
Procraft PRC |
420mm, 31.8mm |
234 |
Sattelstütze |
Procraft PRC |
27.2mm, 350mm |
163 |
Sattel |
Selle Italia SLR Superflow |
Breite L |
187 |
Innenlagerschalen |
Campagnolo Press-Fit Ultra Torque |
BB86 86,5×41 |
40 |
Lenkerband + Lenkerendkappen |
Lizard Skins DSP 2.5mm black |
83 |
|
Pedale |
Shimano PD-ES600 |
282 |
|
Umwerfer |
Campagnolo Chorus 12 |
87 |
|
Schaltwerk |
Campagnolo Chorus 12 |
-11g durch abgeschraubten Adapter |
232 |
Kette |
Campagnolo Chorus 12 |
-10g durch Kürzen |
239 |
Ritzel |
Campagnolo Chorus 12 |
11-32 |
328 |
Bremse vorne |
Campagnolo Chorus 12 |
Felgenbremse |
163 |
Bremse hinten |
Campagnolo Chorus 12 |
Felgenbremse |
168 |
Bremsgriffe rechts und links |
Campagnolo Chorus 12 |
mit Schaltzügen |
390 |
Außenhüllen, Bremszüge |
Campagnolo Chorus 12 |
ca -70g durch kürzen |
151 |
Kurbel links |
Campagnolo Chorus 12 |
498 |
|
Kurbel rechts |
Campagnolo Chorus 12 |
237 |
|
Flaschenhalter 1 |
Blackburn Slick |
mit Schrauben |
31 |
Flaschenhalter 2 |
Blackburn Slick |
mit Schrauben |
31 |
Spacer |
Procraft |
2.5cm |
10 |
Zusammenbau:
Nachdem Daniel bereits 2019 ein eigenes Rad gebaut hatte, lag es nah, die vorhandene (insbesondere die Campagnolo-spezifische) Werkstatt-Ausstattung zu verwenden und das Rad im Eberstädter Fahrradkeller zusammenzubauen. Insgesamt gestaltete sich der Aufbau wenig schwierig und das Rad war nach zwei Nachmittagen betriebsbereit.
Zuerst wurden die Campagnolo-Innenlagerschalen in den Rahmen gepresst. Diese wollten zuerst nicht so recht passen. Nachdem das Tretlager aber ein wenig per Hand ausgeschliffen wurde, ließen sich die Innenlagerschalen problemlos mit dem Campagnolo Spezialwerkzeug (UT-BB240) einpressen.
Im Anschluss wurden die weiteren Teile der Gruppe in kanonischer Reihenfolge verbaut. Die Innenverlegung der Schaltzüge war zwar, wie zu erwarten, eine Geduldsarbeit, gelang aber ohne übermäßigen Frust.
Etwas ärgerlicher war allerdings, dass die Außenhülle des Schaltwerk-Zugs, trotz Endhülse immer in den Rahmen gezogen wurde, sobald man den Zug unter Spannung setzte. Zum Glück lag in der Werkstatt ein haushaltsüblicher Dübel, welcher perfekt in die Rahmenöffnung passte, ohne in den Rahmen gezogen zu werden. Damit war auch dieses Problem behoben.
Beim ersten Versuch die 12-fach Kette zu Vernieten, kam der Park-Tool Kettennieter leider an seine Grenzen. Daher wurde kurzerhand der mit der Ekar-Gruppe eingeführte 12/13-fach Kettennieter von Campagnolo bestellt (UT-CN400). Damit funktionierte die Montage der Kette schlussendlich problemlos.
Testfahrt:
Bei herrlich wechselhaftem Aprilwetter wurde die erste Testfahrt mit Moritz in Angriff genommen. Der erste Fahreindruck war sehr positiv. Der Rahmen ist schön steif und selbst im Wiegetritt merkt man wenig Flex. Die Campagnolo-Gruppe fährt sich hervorragend, muss aber nochmal feinjustiert werden. Die Sitzposition war aber trotz Kopie der Maße vom alten Rad noch suboptimal und muss daher nochmal professionell überprüft werden.
Obwohl bei der Auswahl der Komponenten nicht näher berücksichtigt, weiß die Optik definitiv zu gefallen. Insbesondere das Carbon der Chorus-Gruppe passt sehr gut zur Rahmenfarbe.
Fazit:
Ein passabel ausgestattetes Rennrad mit Campagnolo-Gruppe und gescheiten Alu-Laufräder für deutlich unter 3000 Euro sucht man auf dem Markt vergebens. Der Einkaufspreis aller Teile belief sich auf ca. 2800 Euro, wobei man hier nochmal allein 200 Euro bei der Gruppe hätte sparen können. Das Gewicht, so wie von Händlern angegeben, ohne Pedale, Flaschenhalter, Sensoren etc. liegt bei sehr konkurrenzfähigen 7.2kg. Mit Pedalen und Flaschenhalter liegt das Gewicht bei 7.5kg. Komplett fahrfertig (inklusive Wahoo, Wahoo-Halterung sowie Sensoren liegt das Gewicht bei 7.65kg.