Katie und Moritz starteten am 1. Mai erstmals bei ihrem Heimrennen Vélostar 91: 132km über welliges Terrain (1200Hm), komplett auf den eigenen Trainingsstrecken. Das Wetter meinte es gut mit den beiden und einige mitleidige Blicke der Konkurrenz auf die kurzen Radhosen (und bei Katie auch ärmlingsfreie Arme) bei 8 Grad Außentemperatur im Startblock waren wohl schnell verflogen als nach den ersten Rennminuten die Sonne begann das französische Flachland aufzuheizen.
Auf den ersten Blick etwas unorthodox erscheinend, sollte Katie mit dem Frauenblock fünf Minuten vor den Männern auf die Strecke gehen. Katie stand dem zunächst skeptisch gegenüber, da es ja durchaus Schöneres für die Motivation gibt, als direkt von 70% des Feldes überholt zu werden. Der Frauenblock bestand nur aus ca. 20 Frauen, die auch zum größten Teil sehr fit (und gefühlt auch eine Gewichtsklasse unter Katie) aussahen, so dass Katies erstes Ziel „Nicht Letzte“ formulierte. Unter den knapp 500 männlichen Teilnehmern hatte Moritz mit Startnummer 337 aus dem 3. Block mehr als die Hälfte der Konkurrenz am Start vor sich.
Am zweiten Anstieg nach gut 10km teilte sich die Frauengruppe bereits und Katie, erst einmal konservativ fahrend, schloss sich der zweiten Gruppe an. Am Ende des Anstiegs wurde sie bereits von den ersten Ausreißern der Männer und etwas überraschend Sekunden später schon von Moritz überholt, der wie schon am ersten Anstieg „in the big ring“ attackiert hatte und nun den Ausreißern gemeinsam mit einem weiteren Fahrer hinterherjagte.
Etwas nach der Kuppe hatte sich das Renngeschehen dann etwas entspannt: Vorne fuhren 8 Fahrer, dann eine ca. 30 Mann starke Gruppe mit Moritz und dahinter Katie im ersten Männer-Peloton. Auf bekanntem Terrain, nämlich auf den geteerten Feldwegen um Boissy-Le-Sec herum, wurde im Peloton lockere 40-45km/h gerollt, was Katie hoffen ließ möglichst lange im Peloton bleiben zu können um kraftsparend und schnell wieder nach Breuillet zu kommen. Die Begleit-Motorradfahrer sperrten mit höchstem Enthusiasmus on-the-fly die Strasse und „stellten“ gerne auch einmal die wenigen entgegenkommenden Autos in dem sie sie zwangen rechts ran zu fahren um das Feld passieren zu lassen. An den Anstiegen gab es auch immer wieder ein „Allez-allez-allez ! Lache pas !“ Ansporn um ja nicht das Feld zu verlieren.
In einer welligen Passage musste Katie direkt einer ihr wohl bekannten Leichtbau-Trinkflasche im vollen Zustand ausweichen: Moritz hatte wohl spontan beschlossen noch ein weiteres Kilo System-Gewicht zu sparen – und das, obwohl er schon von vornherein einen Gewichtsvorteil gegenüber den anderen Classement-Fahren hatte. Derweil kam weiter vorne bei Moritz richtiges Tour de France Feeling auf als die Motorräder immer wieder auf kleinen handbeschriebenen Tafeln den Rückstand zur Spitzengruppe (der sich bei unter 1min einpendelte) sowie den Abstand nach hinten (der rapide anwuchs) durchgaben.
Das Finale des Rennens wurde nach knapp 90km mit einer Choreographie von 3 dicht auf einanderfolgenden Bergsprints eingeleitet. Katie musste ihr Peloton ziehen lassen und schloss sich einer Dreiergruppe an. Kaum zehn Minuten später tauchte aber der nächste Regionalexpress, in Form vom Männerpeloton „Sport 2“ auf: Die Frauen-zuerst Strategie zeigte unerwartete Vorteile durch ständig nachfolgende Gruppen – ein großer Vorteil für die Windschatten-Expertin des Racingteams. Diese Gruppe konnte bis zum letzten größeren Anstieg bei Clairefontaine (bekannt als Hauptquartier der französischen Nationalelf) gehalten werden. Dort beschloss Katie im eigenen Tempo zu kurbeln. In der Tat fand sich nach der Abfahrt eine weitere Gruppe, mit der Katie dann ins Ziel rollte, was sie vermeintlich im Flachen vermutete. Es gab aber eine Schlussrampe an deren Ende Katie mit einem sensationellen 32,7er Schnitt als 11. Frau ins Ziel kam.
Bis zu besagter Clairefontaine Rampe hielt sich Moritz in der auf 16 Mann ausgedünnten Verfolgergruppe schadlos, obwohl in allen Anstiegen horrendes Tempo angeschlagen wurde.
Dies führte dann die entscheidende Rennsituation herbei: Die Gruppe setzt zu einem Vollsprint im Flachen an um die wenige Meter große Lücke zur Spitze des Rennens zu schließen und Moritz schafft, vielleicht den großen Anstrengungen zwecks Positionsverbesserung zu Beginn des Rennens geschuldet, als einziger den Anschluss nicht! Zu diesem Zeitpunkt waren noch 32km zu fahren und die Alternative „auf die nächste Gruppe warten“ schien vernünftig. Andererseits gab es nichts mehr zu verlieren und so beschloss Moritz zu einem langen Solo anzusetzen: Angespornt von einigen Zuschauern, die den völlig isolierten Racing Team Fahrer anfeuerten, wurden alle verbleibenden Körner verpulvert und mit jedem Kilometer, bei dem keine Gruppe von hinten in Sichtweite kam, wuchs die Euphorie, vielleicht doch den Platz zu halten. Völlig erschöpft wurde auf der Schlussrampe sogar noch ein weiterer zurückgefallener Fahrer kassiert und das Solo mit einem 37,5er Schnitt abgeschlossen. Damit stand ein nicht für möglich gehaltener 23. Platz (39,8er Schnitt) zu Buche: 4 Minuten hinter der Spitze und 6 Minuten vor dem ersten Feld.
Zur Feier des Tages hatten die ausgezeichneten Organisatoren übrigens Freibier im Programm: nicht alkoholfrei natürlich 😀