Prolog
Bereits vor Jahren gab es die Idee, mal den berühmten Alpe-Adria Radweg zu fahren, ausgelöst von einem entfernten Arbeitskollegen von Daniel und Alex, der aber ohne Kontaktdaten zu hinterlassen, aus dem Unternehmen ausgeschieden ist. Konstantin, und als die 3 Teilnehmer feststanden, auch Stefan, komplettierten das Starterfeld. Trotz sehr unterschiedlicher Alpenpässeerfahrungen war Konsens, nicht den Bahntunnel zu nutzen, sondern einen Berg zu überwinden – die Großglocker Hochalpenstraße. Da 75 % auf Rennrädern starten wollten, plante Daniel die originale Strecke rennradtauglich um, und es wurden zusammen mit Stefan die Unterkünfte gebucht. Der weitaus komplexere Teil der Planung betraf die An- und Abreise per Zug. Radplätze in Zügen waren selbst Monate im voraus Mangelware und daher war bereits auf dem Papier die Rückreise recht aufwendig – mit Zwischenübernachtung in München und 7h Aufenthalt in Villach. Beim Gepäcktransport wurde auf die Ortlieb Arschrakete gesetzt – sehr zu empfehlen, fast kein Aeronachteil und 100% wasserdicht.
Anreise
Pünktlich 2 Wochen vor Abfahrt informierte die DB AG per Mail, dass die Hinfahrt leider entfällt und damit auch die Radplätze im ICE nach München – Plan B war Regionalverkehr, planmäßig 8:14h Fahrzeit ab Darmstadt. Da sich der Enthusiasmus in der iMessage Gruppe in Grenzen hielt, kamen kreative Lösungen am Freitagabend ins Spiel. Alex konnte einen (sehr guten) 4-fach Radträger organisieren, zusammen mit Stefans Firmenwagen eine 1a DB Ersatzfahrt. In Salzburg konnte man sich dann nach einem Abendspaziergang mit Blick auf die Festung Hohensalzburg im Biergarten gut für die Radwoche stärken.
Salzburg – Fusch
Da es sich nicht um ein Trainingslager, sondern um eine gemütliche Radtour handeln sollte, wurden vom Routenplaner ein paar Sehenswürdigkeiten eingebaut, die erste folgte nach wenigen Kilometern mit dem Gollinger Wasserfall. Der Fußweg dorthin wurde bis zum Beginn eines Singletrails (+50m danach) noch pedaliert und dann gewandert – SPD Schuhe (2/2) waren dort von Vorteil. Ein weiteres Highlight war die Paul-Außerleitner-Schanze in Bischofshofen, ein paar steile Rampen inklusive. Da sich diverse (=alle) Wetterapps sicher waren, dass aus Richtung Salzburg eine Regenfront mit Rückenwind kommen sollte, wurde aber nicht sinnlos getrödelt. Die Mittagspause wurde sehr spontan in einer 1a Imbissbude in Schwarza verbracht. Kurz vorher war die Radwegumfahrung eher schlecht auf einer großen Bundesstraße, daher war nun der Plan, den top ausgebauten Tauernradweg jetzt bis zur Abbiegung auf die Glocknerstraße zu fahren. Einige asphaltiere steile Landwirtschaftswege sorgten dann am Nachmittag für ein paar schöne Höhenmeter. In Fusch konnten Stefan und Konstantin sogar noch trockener Weise einen kurzen Lauf absolvieren, der Regen hatte ordentlich Verspätung und kam erst Abends, da wurde schon ein wirklich famoser Kaiserschmarrn serviert. Stravalink
Fusch – Obervellach
Die Königsetappe führte über den Großglockner, nach wenigen Kilometern Einrollen begann der wirklich schwere und auch steile Alpenpass. Stefan entschied sich sein eigenes Tempo zu fahren – von vorne und ward erst wieder am ersten Gipfel gesehen. Alex als größter Teilnehmer, naturgemäß benachteiligt, sollte planmäßig als vierter fahren. Daniel wollte ein paar Pausen einbauen, um zur Not Hilfe oder Motivation zu spenden – für Konstantin war es immerhin Alpenpremiere. Dieses Vorhaben wurde schon nach 500m (keine Hm) umgesetzt, denn Konstantins Schaltung ging nicht mehr. Die Erstdiagnose des Besitzers war, dass beide Akkus leer seien – danke Ladegerät und Daniels Powerbank aber kein Problem. Als nach 15 Minuten Laden sich keine Besserung zeigte, wurde die SRAM App installiert und dann eine leere Batterie des linken Schalthebels (CR2032) diagnostiziert – wahrscheinlich im Skiraum unsachgemäß angelehnt. Per manuellem Schaltvorgang am Schaltwerk wurde der einzig notwendige Gang eingelegt und dann ging es durch die Wolkensuppe nach oben – erst kurz vorm Gipfel konnte man die Wolken von oben sehen. (Bildergalerie folgt) Heiko und Sven kamen aus der Gegenrichtung und es konnte der 2. Gipfel zu sechst befahren werden. Pünktlich zur Abfahrt kam dann Regen, erst schwach und dann nach dem Kreisel auch stark. Stefan und Daniel nutzen einen kleinen Vorsprung am letzten Gegenhang zum Anziehen der extra gekauften Regenhose aus. In Heiligenblut hörte der Regen auf und es gab warme Suppe und ein spätes Mittagessen. Konstantin konnte seine Triggerbatterie erwerben, aber aufgrund des Donnerns wurde dessen Einbau erstmal verschoben – es folgte eine weitere Abfahrt. Als die Strecke wieder ebener wurde, konnte das Rennrad wieder instand gesetzt werden – allerdings holte die Regenfront auf und das gegenüberliegende Hotel wurde zu einer Zwangskaffeepause genutzt. Da die Küchen im Land der hohen Berge früh schließen, wurde bei leichtem Regen die Etappe mit zügigem Tempo beendet – es war immerhin nicht kalt. Bei der Pension in Obervellach wurde der sehr warme Trockenraum von der 80-jährigen Betreiberin freigeräumt. Es hatte immerhin ein Restaurant im Ort geöffnet, dort konnte trockenerweise der Tag beendet werden. Stravalink
Obervellach – Maglern
Beim Abendessen beschloss Daniel und dann auch Stefan, die folgende Etappe mit einem kleinen Anstieg aufzupeppen. Direkt am Alpe-Adria Radweg (der entgegen der Komoot Planung doch komplett gefahren werden sollte) lag ein sehr markanter Hügel mit einer markanten Kirchenspitze ganz oben – der Danielsberg. Alex und Konstantin entschieden sich dagegen, obwohl mit 14-17 % und sogar kurz 20 % Steigung geworben wurde. Daniel peilte insgeheim einen KOM an, das 5 kg-Zusatzgepäck war dabei aber doch zu schwer. Die Aussicht aufs Tal waren die 200 Hm natürlich wert. Der Radweg führte sehr schön im Tal entlang und es waren zum Teil sehr große Radgruppen unterwegs. Der Belag war meist Asphalt oder sehr gut fahrbarer leichter Schotter – es gab ob des Belags zumindest keine größeren Beschwerden der Rennradpiloten. Die Mittagsessensversorgung war etwas kniffliger, es gab Jausenstuben mit Brotzeit, geschlossene Restaurant laut Google Maps ohne Ruhetag – schließlich war Onkel Kebab dann zur Stelle. Nach einer Eispause in Villach gab es kurz vorm Ziel ein kurzes Navigationsproblem (die Beschilderung war leider nicht immer so gut), da ja beschlossen wurde, nicht den geplanten Track zufahren. Die Pension war dann „splitternd“ gut – die Nähe zur italienischen Grenze bescherte auch ein gutes Abendessen. Das von Konstantin gebuchte Uber kam nämlich nicht, um ins vorher reservierte, 5 km entfernte, Lokal (Rad / Fuß kam wegen Höhenmetern + Temperatur nicht so gut an) zu fahren. Stravalink
Maglern – Tarcento
Bereits in der originären Planung war ein touristischer Frühstücksstopp integriert, ein kurzer Schlenker auf der komplett asphaltierten ehemaligen Bahnstrecke in Richtung Slowenien zu 2 Bergseen Laghi di Fusine am Fuße des Mangarts. Der Plan, die Zusatzhöhenmeter gemütlich zu fahren, wurde für Daniel durch 2 vorbeifahrende E-Biker torpediert, der hintere den vorderen filmend, wohlgemerkt. Mit dem Spruch „alles hat Grenzen“ wurden dann fast alle Gänge durchgeschaltet und mit einem Vollsprint Strecke gemacht. Stefan folgte ebenfalls in nicht ganz so forscher, aber dafür nachhaltigerer Geschwindigkeit. Nach Foto- und Kaffeestopp ging es dann retour zum Radweg. Die Mittagspause wurde von Konstantin in eine Pizzeria in Pontebba gelegt, das Quartett war kurz nach 12 fast alleine. Eine geführte 20er E-Bike Reisegruppe kam zum Glück erst nach erfolgter Essensbestellung. Die folgenden 30 Kilometer führten am wohl spektakulärsten Radweg der Alpen entlang. Bis auf einen Tunnel war die Beleuchtung gut, die Tunnel wechselten sich mit Brücken ab – ohne die vorherige Bahntrasse wäre sowas vollkommen utopisch aufwendig zu bauen gewesen. Stefan bekam dann ein Eis, die Eisdiele war sehr versteckt am Rande eines Dorfplatzes. Da sich Daniel mit den auf dem Track / bzw. auf dem Alpe-Adria Weg befindlichen Städten nur peripher beschäftigte, wurde dem Radweg bis fast nach Udine gefolgt – die Streckenabweichung bedurfte schon der 5km Zoomstufe. Bevor man jedoch komplett zurückfahren musste, leistete das Wahoo rerouting gute Dienste und man kam im Hotel in Tarcento an. Auf Empfehlung des Pensionsbesitzers gab es einen kleinen Bergspaziergang zu einem regional bekannten Grill-Restaurants – gerade das Iberico Fleisch war grandios. In der Hotelbar wurden die Flüssigkeitshaushalte aufgefüllt, als dann der Pizza-Bäcker mal eben eine Schinkenpizza aufs Haus brachte – es waren zwar alle satt, aber natürlich war das kein Problem. Stravalink
Tarcento – Grado
Da man ja bekanntlich abseits des Wegs (geplant) fuhr, gab es bis Udine einen etwas in die Jahre gekommenen Radweg zu fahren – mit hubbeligen/winkligem Restasphalt. Dort gab es dann den obligatorischen Kaffeestopp, bevor es die letzten 56 km auf dem Radweg weiterging. Die Beschilderung war zum Teil versteckt und klein, was besonders mit abweichendem Track kurze Zeit später zu einer 50/50 Gruppenteilung führte – die Absprache Radweg vs. Track war nicht überall präsent. Bis zum Mittagessen gab es reichlich Strade Bianche Feeling. Da es am riesigen achteckigen Platz in Palmanova nur Cafés und Bars gab, wurde dann nördlich davon Pasta verspeist. Die letzten Kilometer bis Grado führten über eine sehr lange, aufgeschüttete Meeresdurchquerung bis Grado – dort wurde direkt der Badestrand angesteuert und im warmen Mittelmeer gebadet. Die Unterkunft war dann leider etwas weiter weg als gedacht, in einer Art Campingplatz ohne Camping, in kleinen Bungalows wurde übernachtet – immerhin war die Klimaanlage gut, der Rest aber etwas in die Jahre gekommen. Stravalink
Grado – Udine
Nachdem die Unterkunft enttäuscht hatte, war der Plan, noch Lichter zu kaufen, um dann doch bis 6:30 Uhr morgens die 23 Kilometer zum Bahnhof zu fahren, nicht sonderlich attraktiv. In einer hochkreativen Brainstormingphase wurde beschlossen, statt Ruhetag am etwas weit entfernten Strand zu machen, zur Abwechlsung Rad mit Gepäck zu fahren. Daniel konnte es sich nicht nehmen lassen die staubigen Gefährte zu putzen, und es wurde noch ein Bonusberg mit Schlenker eingebaut – einfach per Komoot. Um wenigstens ein paar Blicke von Grado zu erhaschen, gab es direkt in „Klein Venedig“ noch Frühstück (sehr gut und überraschend günstig). Es wurde flotter pedaliert, nur die 10km lange Todesgerade auf der Bundesstraße ohne Seitenstreifung war planerisch etwas mittelmäßig. Dafür kamen die vier erstmalig zum schon zum Mittagessen am Ziel an, im Zentrum von Udine. Stefan hatte ein top modernes Appartement gebucht, sogar mit Glasfaser. Der Nachmittag war dann wirklich ein Ruhetag, lediglich die beiden Triathleten liefen vor dem Essen noch eine Runde. Es gab zum Teil frittierte sizilianische Pizza 50m vom Appartement entfernt, es wurden als Dessert dann 3 Tiramisu und eine Magherita bestellt, danach gabs natürlich noch Eis. Stravalink
Rückreise
Wie erwartet waren die vier kurz vor 9 in Villach. Es wurde erstmal gesund und ausgiebig gefrühstückt, um dann kurz nach 11 Uhr in den nächsten Zug nach Salzburg zu kommen – der einzige Zug mit Radplätzen war schon bei Buchung erst ab 17:14 Uhr verfügbar. Leider funktionierte dies nicht, im Radabteil (20+ Plätze, Grüße an die DB) war zwar noch etwas Platz, aber der Schaffner befürchtete den Zustieg weiterer Fahrgäste beim nächsten Halt in Spittal. Dorthin wurde dann per S-Bahn gefahren, um kurz nach 13 Uhr auf ein fast leeres Radabteil zu stoßen. Dank des kulanten ÖBB Schaffners, der die Geschichte nach dem Erwähnen von „DB“ gar nicht weiter hören wollte, gab es auch keine Probleme mit der Zugbindung. In Salzburg ging es wieder in den Biergarten, dann über die recht volle A8 nach Hause – trotz der 4h früheren Zugfahrt war erst 23:30 Uhr Endstazione in Eberstadt – Alex wurde am Sonntag (wie ursprünglich geplant) nach Hause chauffiert.
Fazit
Die erste echte Radreise hat wirklich Spaß gemacht, jegliche Überraschungen aller Coleur wurden immer von allen mit Humor genommen.